Chaos III : Ein Bischen Mechanik

Der Apfel und der Mond

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Die Physik wurde sehr lange Zeit von den Ideen Aristoteles' dominiert: Jedes Objekt hat seinen eigenen Platz, und wenn wir es bewegen, wird es sein Bestes tun, um dorthin zurückzukehren ... Alles um uns sucht sein natürliches Gleichgewicht. Ein Apfel fällt, weil es seine Natur ist. Der Mond umkreist die Erde, weil es seine Natur ist.
 

Im 17. Jahrhundert studierte Galileo Galilei (1564-1642) fallende Objekte, aber es war Isaac Newton  (1643-1727), der ein universelles Gesetz der Gravitation formulierte:

« Zwei Körper ziehen sich mit einer Kraft an, die proportional zum Produkt der beiden Massen ist und umgekehrt proportional zum Quadrat des Abstandes zwischen ihnen.  »

 

 

Alle Objekte - wie Äpfel oder der Mond - werden von der Erde angezogen. Die Schwerkraft beeinflusst alles um uns herum. In der Nähe eines Apfelbaums ist die Schwerkraft nahezu konstant. Wenn ein Apfel sich löst, wirkt die Schwerkraft und ändert die Geschwindigkeit des Apfels. Das ist Newtons zweiter große Einfall: Kräfte ändern Geschwindigkeiten.

Newton geht aber noch weiter und erklärt, wie wir die Flugbahn eines Objekts berechnen können, wenn wir die Kräfte kennen, die auf es einwirken. Newtons Ideen werden in einer der einfachsten und fundamentalsten Formeln der Physik zusammengefasst: F = m·a . F ist dabei die Kraft, m ist die Masse und a ist die Beschleunigung. Kennen wir die Masse eines Objekts und die Kräfte, die auf es einwirken, können wir die Beschleunigung daraus ableiten. Wenn wir darüber hinaus die anfängliche Position und Geschwindigkeit kennen, lässt uns Newtons Kristallkugel die zukünftige Entwicklung der Bewegung des Objekts präzise vorhersagen.

Wir haben nun alle Zutaten, um eine schöne planetare Choreographie zu beobachten. Drei Planeten, auf die lediglich die Kraft ihrer gegenseitigen Anziehung wirkt, bewegen sich periodisch entlang ein und der selben Bahnkurve - vorausgesetzt, wir geben ihnen die exakt passenden Startgeschwindigkeiten und Positionen mit auf den Weg. Viele andere solche Choreographien sind denkbar.

Newtons Antwort auf die Frage, warum der Mond nicht auf die Erde fällt, lautet: Er fällt tatsächlich wie ein Apfel! Hätte die Erde niemals Kraft auf ihre Umgebung ausgeübt, so wäre der Mond, ohne sich um die Erde zu kümmern, mit konstanter Geschwindigkeit auf einer geraden Bahn durch den Weltraum geflogen und wäre nun schon weit weg. Tatsächlich aber biegt die Erdgravitationskraft die Flugbahn des Mondes zu jedem Zeitpunkt in eine Kreisbahn und sorgt dafür, dass er für immer um die Erde "fällt". Eine nur etwas langsamere Mondgeschwindigkeit oder eine ein klein bisschen größere Erdanziehungskraft hätten genügt, um eine Katastrophe herbeizuführen...

Das Studium des Sonnensystems mit seinen acht Planeten und tausenden von Sekundärobjekten ist mit Sicherheit nicht leicht. Was ist dann aber mit der Atmosphäre mit ihren unzähligen Molekülen?

Die Bahnkurven eines Vektorfeldes zu studieren, das von einer großen Zahl von Variablen abhängt, ist die wahre Herrausforderung, die uns der große Newton hinterlasssen hat.

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